
GVU: immer weniger Verfahren werden eingestellt
Anlässlich des 5. DACH-Branchenforum, das am 22./23.11.11 in Berlin stattfand, hat die (GVU) ihren Jahresbericht 2010 veröffentlicht.
Darin benennt die Organisation Entwicklungen bei der illegalen Verwertung von Filmen, TV-Serien und Games, gefolgt von einer Skizzierung wichtiger Entwicklungen in Wirtschaft, Rechtsdurchsetzung und Politik. Als drittes gibt die GVU Auskunft über ihre Strategie sowie die in 2010 erzielten Ergebnisse.
Neben den Aufgabenbereichen Information, Prävention und Interessenvertretung widmet sich die GVU insbesondere den Ermittlungen gegen Urheberrechtsverletzungen. Dabei ist die GVU von den Mitgliedern beauftragt, die Verteidigung ihrer Leistungsschutzrechte mit juristischen Mitteln an den Ausgangspunkten der illegalen Massenverwertung von Filmen und Games zu unterstützen. Daher fokussiert die Organisation ihre Aktivitäten auf Release-Gruppen und digitale Hehler, zu denen Betreiber illegaler Streaming-Portalsysteme zählen. Diese Szenen eint ein konspiratives Vorgehen, wobei der Einsatz von Sicherheitsvorkehrungen, wie Anonymisierungs- und Verschlüsselungs-Techniken gegen ein Eindringen von Außen erheblich zugenommen hat. Daher gestalten sich Vorermittlungen als zeitintensiv und bedürfen in vielen Fällen Informationen aus der Szene, um Strafanträge mit einem konkreten Anfangsverdacht gegen die Täter stellen zu können.
Unter diesen Vorzeichen wurden 2010 insgesamt 595 neue Ermittlungen gegen Urheberrechtsverletzungen aufgenommen. 213 neue Vorermittlungen führte die GVU gegen Release-Gruppen und digitale Hehler durch. 14 neu aufgenommene gemeinschaftliche Ermittlungen durch GVU und Strafverfolgungsbehörden betrafen Folgeverfahren gegen Teammitglieder auf geschlossenen Trackern, die bereits Verfahrensgegenstand waren. 333 Ermittlungen nahmen die Behörden initiativ im Berichtszeitraum auf. Weitere 35 Ermittlungsansätze beruhten auf Hinweise aus der Bevölkerung. Davon gingen allein neun Hinweise zu dem illegalen Streamhoster-Portalsystem »kino.to« im Berichtszeitraum bei der GVU ein, von denen jedoch in 2010 noch keiner neue Ansätze für das spätere strafrechtliche Vorgehen gegen dieses parasitäre Geschäftsmodell brachte.
Nicht alle in einem Kalenderjahr aufgenommenen Ermittlungen münden auch im selben Jahr in einem Strafantrag. Infolge der verstärkten Anstrengungen von Release-Gruppen und digitalen Hehlern, sich gegen Außenstehende abzuschirmen, können häufig erst nach vielen Monaten akribischer Vorermittlungen genügend Indizien zusammengetragen werden, um einen substanziellen Strafantrag zu stellen, der die Erfolgsaussichten eines folgenden Strafverfahrens erhöhen kann.
Durch solche Strafanträge wurden 367 Strafverfahren wegen illegaler Kopien mit Inhalten der Film- und/oder Unterhaltungssoftware-Wirtschaft initiiert. Drei Viertel dieser Verfahren betrafen Urheberrechtsverletzungen von Kino- bzw. Spielfilmen (281 Verfahren), 58 Prozent hatten auch oder ausschließlich Urheberrechtsverletzungen im Bereich Games zum Gegenstand (216 Verfahren). Von 89 Markenverfahren entfielen insgesamt 80 auf Zollverfahren. Neun Strafverfahren begannen wegen Verletzungen des Marken-, Geschmacksmuster- oder Warenzeichenrechts durch Internetverkäufe deutscher Anbieter von gefälschtem Spielezubehör.
Zusätzlich zu den neu eingeleiteten Verfahren begleitete die GVU in 2010 noch 115 weitere Strafverfahren, zu denen sie in den Vorjahren Strafantrag gestellt hatte. Insgesamt drei Viertel aller in 2010 anhängigen GVU-Verfahren waren Fälle mit Internetbezug. Dazu zählte im GVU-Kernbereich eines gegen gleich zwei der größten illegalen Filehoster-Portale, die zusammen weit mehr als 65 000 katalogisierte Links zum Direktdownload zu illegalen Software-, Film-, TV-Serien und Games-Dateien listeten. Teils Seiten dominierende Banner leiteten Internetnutzer zu verschiedenen Werbepartnern. Kauften die Nutzer dort Downloadkontingente, erhielten die Portalseitenbetreiber Vermittlungsprovisionen zwischen 18 und 20 Euro.
422 Strafverfahren wurden 2010 mit einer Sanktionierung der Täter abgeschlossen und 116 Zollverfahren eingeleitet. Wie bereits in 2008 und 2009 endete auch 2010 jedes vierte Verfahren mit einem Urteil oder Strafbefehl. Insgesamt wurden nahezu 200 000 Euro Geldstrafe verhängt. U.a. verhängte ein Gericht eine Geldstrafe über 2700 Euro gegen einen so genannten First-Seeder, den Ersteinsteller einer illegalen Kopie in ein BitTorrent-Netz. Ein gemeinsam von GVU und der schweizerischen Schwesterorganisation SAFE initiiertes und begleitetes Strafverfahren gegen einen Payserver-Betreiber endete für den Deutschen, der auch einen Wohnsitz in der Schweiz hatte, mit 2400 Euro Geldstrafe wegen gewerbsmäßigen Verstoßes gegen das Urheberrechtsgesetz. Zu vier Jahren Freiheitsentzug für den Haupttäter und zwei Jahren und drei Monate Haft für seinen Kompagnon verurteilte das Amtsgericht Essen die beiden Köpfe einer Raubkopierer-Bande aus dem Ruhrgebiet, die illegal Filme und Computerspiele vervielfältigt und dann professionell auf Flohmärkten vertrieben hatten.
Die Anzahl derjenigen Verfahren, die im Hinblick auf eine schwerer wiegende andere Straftat eingestellt wurden, ist von 22 Prozent in 2009 auf 24 Prozent in 2010 angestiegen und hat sich gegenüber 2001 verdoppelt. Dies zeigt, dass Urheberrechtsverletzungen inzwischen in vielen Fällen eine lukrative Einnahmequelle neben anderen illegalen Tätigkeiten darstellen. Der Anteil der Verweise auf den Privatklageweg ist gegenüber 2009 (sieben Prozent) auf sechs Prozent an der Gesamtheit der erfolgreich abgeschlossenen Verfahren leicht zurückgegangen. Wie bereits 2009 wurden weniger als die Hälfte der Verfahren (45 Prozent) unter Auflagen eingestellt. In 2008 lag dieser Anteil noch bei 53 Prozent, in 2007 bei 55 Prozent (in 2009 bei 46 Prozent). Darunter fallen auch vier Prozent Einstellungen nach dem Jugendgerichtsgesetz. Dieser Anteil lag 2001 noch bei 14 Prozent. Der vollständige Jahresbericht steht auf der GVU-Homepage zum Download bereit. www.gvu.de
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