Technologie und Medienrealisation in Film und Video
Gotthard | Produktionsbericht    Ausgabe 11-12/16

Tunnelblick

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Es war die größte Ingenieursleistung der damaligen Zeit: Der Bau des Gotthardtunnels zwischen 1872 und 1880. SRF, ZDF und ORF haben ihn verfilmt. Wilfried Urbe sprach mit Kameramann Lukas Strebel.

SRF/Eva Nussbaumer

SRF/Eva Nussbaumer

 

Und auch der Dreh war eine technische Meisterleistung. Explosionen, Sprengungen, Wassereinbrüche und Steinschläge: Das und viele weitere Effekte wurden u.a. bei Köln aufwendig für den TV-Zweiteiler in Szene gesetzt. Eigens ­dafür wurde in Pulheim in einer 2000 m² großen Halle ein 100 Meter langes Stück der Tunnelbaustelle nachgebaut. Der Richtstollen sei eine »Hightech-Maschine«, wie Szenenbildner Knut Loewe erklärt: »Es werden u.a. hydraulische Effekte verwendet, um beispielsweise eine Überflutung darzustellen.« Dabei wurden Pumpen, Wassertanks mit bis zu 2.000 Litern Volumen, Kompressoren und Greenscreens verwendet.

Weitere Sets wurden in der Schweiz und in Tschechien errichtet: in der Nähe von Prag z.B. in einem stillgelegten Steinbruch, wo ein Nachbau des Tunnelportals, 12 Meter hoch und 16 Meter breit, entstand. Die Nachbildung der Baustelle selbst umfasste ein Areal, so groß wie zehn Fußballfelder, auf dem auch 17 Häuser errichtet wurden. Zudem kam auch ein riesiger Greenscreen, der 35 Meter breit und acht Meter hoch war und auf dem dann digital das Gotthardmassiv ein­gefügt wurde, zum Einsatz.

Vorbereitungen

Schon die Vorbereitungen stellten das Team vor große Herausforderungen. »Wie kann man die damals größte Baustelle der Welt darstellen?« Das war eine der wichtigsten Fragen für die Produzenten des Films, Bastie Griese von MMC Movies und Lukas Hobi von Zodiac Pictures.

Zuerst wurde nach einem stillgelegten Tunnel gesucht, aber die meisten waren überwuchert und zu klein. Nachdem alte Stiche analysiert worden waren, stellte sich heraus, dass der Platz vor dem Tunnel eine immense Größe hatte. So kam Szenenbildner Löwe schließlich auf die Idee, ­einen stillgelegten Steinbruch als Drehort zu nutzen. In Deutschland wurde er nicht fündig: Abbauareale, die nicht mehr betrieben werden, sind mittlerweile Biotope unter Naturschutz.

Als dann bei Prag ein entsprechendes Areal gefunden worden war, baute das Filmteam dort zwei Tunnelportale inklusive Tunnelstück. Zusätzlich wurde ein weiteres Tunnelstück errichtet, in dem auf einem halben Kilometer Länge ein Schienenstrang verlegt war, der von einer Lok befahren werden konnte. Drei Monate nahm allein der Bau der Sets in Tschechien in Anspruch. Auch wenn man bei der Kölner MMC, wo bereits »Der Medicus« und »Die Hindenburg« entstanden, an Mammutprojekte gewöhnt ist – »Gotthard ist da nochmal eine neue Dimension«, bestätigte Griese. »Ja, das ist ein Dreh mit vielen Superlativen«, meinte auch Hobi. Inhaltlich erzählt die Ver­filmung u.a. den Gegensatz zwischen Arbeitern und millionenschweren Investoren aus ganz Europa. Während die einen den Tunnel unter menschenunwürdigen Bedingungen errichteten und dabei oft ihr Leben verloren, erwarben die anderen ein immenses Vermögen mit dem Projekt.

Urs Fitze, beim SRF für die fiktionalen Projekte zuständig, betonte die Bedeutung des damals weltweit größten Eisenbahntunnels: »Dieses Bauwerk hat die Schweiz für immer verändert.«


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