Technologie und Medienrealisation in Film und Video
Rehousing P+S Technik | Kamera-Technik    Ausgabe 11-12/16

Neues Flair mit alten Linsen

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Angesichts der fortschreitenden technischen Perfektionierung moderner Sensoren digitaler Kameras suchen kreative Bildgestalter nach neuen und alten Werkzeugen, um einen bestimmten Look für ein Projekt oder als Marke für Ihre Arbeit zu kreieren. Hermann Mader sprach mit Alfred Piffl, dessen P+S Technik seit einigen Jahren mit der Restauration und dem Rehousing alter Objektive erfolgreich ist.

 

Begann die Geschichte des Filmobjektivs mit dem 1608 erfundenen Fernrohr des hollän­dischen Brillenmachers Hans Lipperhey, das von Galileo Galilei weiter entwickelt wurde? Oder 1611 mit dem Teleskop, das Johannes Kepler konzipierte und das 1613 von dem Jesuiten Christoph Scheiner gebaut wurde? Oder bereits im Codex Atlanticus von Leonardo DaVinci, in dem er über Linsen zur Betrachtung des Mondes nachdachte?

Ganz sicher findet man einen Meilenstein in der Geschichte der Objektiv-Herstellung bei ­Jester Moor Hall, der 1729 mit Hilfe einer Kombination von Kron-Glas und Flint-Glas die achroma­tischen Linsen erfand, aus welchen er 1733 verschiedene Teleskope baute. Auslöser war der Wunsch, die starken Farbfehler der damaligen ­Teleskope besser in den Griff zu bekommen. Der Drang hin zum besseren Abbild der Realität ist auch heute noch die wichtigste Triebfeder der Objektiv-Hersteller. Im 19. Jahrhundert schafften es brillante Ingenieure, brauchbare Optiken für die Photographie und ab 1895, mit der Erfindung der ersten Filmkamera, für die Kinematographie herzustellen. Ein bedeutender Teil des Objektivs ist auch heute noch das Glas. Am Anfang der Entwicklung der Linse standen den Herstellern wie erwähnt nur Kron- und Flint-Glas zur Verfügung. Der Mathematiker Friedrich Gauß wies dann theoretisch nach, dass optische Fehler bzw. Aber­rationen eines Objektivs korrigiert werden können, wenn man Glas verschiedener Brechungen kombiniert. Seither sucht man methodisch nach neuen Glassorten. Die Ingenieure benutzten diese, kannten aber nicht alle ihre Nebeneffekte, die teilweise erst nach Jahren auftreten. So kam es zu Glasverfärbungen, Flecken und verminderter Beständigkeit unter bestimmten Umwelt-Bedingungen. Heute stehen leider nicht mehr alle Glassorten zur Verfügung, allerdings gibt es gute ­Kopien bzw. Ersatzgläser.

»Die Ingenieure der Objektive, welche in der Mitte des letzten Jahrhunderts entstanden, konnten noch nicht alle Details der Optik berechnen und simulieren. Allerdings hatten sie erstmals neue Glassorten und die Möglichkeit der Anti­reflexbeschichtung von Glasoberflächen. Durch den Kino- und Foto-Boom entstand ein großer Markt verschiedener Hersteller, jeder entwickelte für sich seine eigene ›Handschrift‹. Aus diesem Reservoir schöpfen wir heute und können gespannt sein, was wir noch entdecken werden«, meint Alfred Piffl.

Die unterschiedlichen Bauprinzipen, Glas-Sorten und -beschichtungen, die Anzahl der Blendenlamellen etc. haben alle Einfluss auf das Bild und produzieren richtig eingesetzt statt Bildfehlern charmante Flares, Verzerrungen und andere ­Effekte, die einen Look unterstreichen und perfektionieren.

Heutzutage sind professionelle Objektive im Verhältnis nahezu perfekt in der Leistung, was Auflösung, Kontrast, oder Verzeichnung betrifft, in der Produktion hält man ihren Standard gleichmäßig hoch. Die Qualität wird mit Messmaschinen kontrolliert, bevor die Einzellinsen zu Objek­tiven zusammengebaut werden. »Man versucht außerdem, den Objektivsatz so anzugleichen, dass er in sich konsistent ist. Bei historischen ­Objektivsätzen, wie dem Cooke-Speed-Panchro-Satz, trifft man dagegen bei den unterschied­lichen Brennweiten auf verschiedene Charaktere.« Und diese will Alfred Piffl für die Anforderungen des heutigen Drehbetriebes nutzbar machen.


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