
Mogli und die wilden Kinder
Der Mythos der Wolfskinder ist tausende Jahre alt, praktisch jede Kultur kennt ihn. Die neue »Terra X«-Doku des ZDF, »Mythos Wolfskind – Mogli und die wilden Kinder«, die im September gesendet wird, geht den am besten dokumentierten Geschichten nach. Für das ZDF ist sie auch ein Test für die Herstellung und den Transport von 4K und VR-360° zum Zuschauer. Ruodlieb Neubauer berichtet.
Nach wissenschaftlicher Definition sind Wolfskinder Kinder, die in Isolation aufwachsen, nicht notwendigerweise Kinder, die mit Wölfen aufwachsen. »Der deutsche Begriff führt da ein wenig in die Irre«, meint Regisseur und ZDF-Redakteur Jens Monath. »Besser ist daher der Begriff ›Wilde Kinder‹, denn es sind Kinder, die wild und allein aufgewachsen sind. Was aber steckt hinter diesem Mythos? Gibt es überhaupt wilde Kinder? Wie konnten sie überleben? Teilen Wölfe oder auch Affen ihr Futter – wenn ja, unter welchen Umständen?«
Anhand der Schicksale der beiden Schwestern Amala und Kamala, die in den 1920er Jahren in Indien unter einem Rudel Wölfe gelebt haben sollen, und des »Affenjungen« John Ssebunya, der sein Heimatland Uganda sogar bei den Special Olympics vertrat, lernen die Zuschauer neuzeitliche Wolfskinder kennen. »Wir haben unter der Federführung bekannter Wissenschaftler auch Versuche durchgeführt. Dazu erzählen wir noch die Geschichte von Mogli aus dem ›Dschungelbuch‹ und warum Rudyard Kipling es schrieb«, so Jens Monath. Wissenschaftler betrachten die Erzählungen über Wolfskinder mit gebotener Skepsis, aber sie verweisen sie keineswegs in den Bereich der reinen Phantasie. Experimente helfen verstehen, warum in den Erzählungen und Mythen meist Wölfe die Rolle der Ersatzfamilie übernehmen. Heutzutage lässt sich außerdem relativ genau definieren, unter welchen Umständen und ab welchem Lebensalter ein Kind überhaupt eine Überlebenschance in der Wildnis hat.
»Wir haben auch im Wolfszentrum in Ernstbrunn gedreht und uns u.a. die Frage gestellt, ob Wölfe überhaupt teilen würden, bzw. unter welchen Umständen.« Die Wölfe im Film sind eigentlich Huskies, denn um sie für den Film abzurichten, hätte es eines ganz anderen Budgets bedurft. »Es gibt durchaus Wölfe, die so aussehen wie Huskies. Und der indische Wolf sieht sowieso noch einmal ganz anders aus als die Wölfe, die wir kennen. Das gehört eben zu den Kompromissen, die man machen muss, wenn man eine Doku fürs Fernsehen dreht.«
Konzept
Mit der Umsetzung neuer Technik hat die »Terra-X«-Redaktion schon einige Erfahrung: bereits 2006 führte »Terra X« als erste ZDF-Redaktion HD als Standardformat ein, genauso wie zuvor schon das Seitenformat 16:9, und vor fünf Jahren setzte man mit den »Huberbuam« die erste 3D-Eigenproduktion des ZDF um (Produktionsbericht in PP 10/2011). So lautete auch bei dem 4K/VR-Projekt das Motto: möglichst hochwertig drehen, viel ausprobieren und vielfältige Erfahrungen sammeln. Diesmal kamen mehrere Redaktionen bzw. Abteilungen federführend zusammen: die Redaktion Terra X war ebenso an einer 4K-Produktion interessiert wie auch das Geschäftsfeld Bildgestaltung und die Abteilung Aus- und Fortbildung im ZDF.
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