
Der Rückkehrer
Den ersten Academy Award gewann DoP Emmanuel Lubezki, (ASC, AMC) 2014 für Alfonso Cuarons »Gravity«. Seinen zweiten brachte ihm im Jahr danach sein künstlerischer und technischer Beitrag für Alejandro González Iñárritus »Birdman« ein. Beide Produktionen nutzten ARRI Alexas mit Arriraw-Codex-Workflows. Jetzt erhielt der Kameramann seinen dritten Oscar in Folge für »The Revenant«. Romain Geib und Ruodlieb Neubauer berichten.
Für »The Revenant« wollten Regisseur Alejandro González Iñárritu und DoP Emmanuel Lubezki versuchen, möglichst starke immersive und naturalistische Grenzerfahrungen nah an der Hauptfigur zu erzeugen. Sie wollten die Kälte sichtbar machen, den Atem des Darstellers auf der Linse, um starke Emotionen herüberzubringen, so Lubezki. Bei Projektstart vor fünf Jahren plante der DoP noch, die Tag- bzw. Außen-Szenen auf Film aufzunehmen, während er digitale Technik für Szenen im Morgengrauen und in der Abenddämmerung einsetzen wollte.
Schon an den ersten Drehtagen in Kanada im Oktober 2014 herrschten Temperaturen von -30°C und Lichtbedingungen, bei denen Lubezki feststellte, dass die digitalen Kameras, die ARRI Alexa M und Alexa XT, der Filmtechnik überlegen waren. In den abgelegenen Regionen Nordamerikas, Kanadas und Südamerikas war das Team wochenlang den Naturelementen ausgeliefert. »Mit den ersten digitalen Bildern entdeckten wir, dass da ein Mysterium und eine Faszination im Farbton und in der Stimmung in den Bildern waren, die zu den verschiedenen Tageszeiten gemacht wurden, die im Film einfach nicht erschienen. So haben wir mit einigem Bedauern unser gesamtes Film-Equipment zurück nach Los Angeles geschickt und sind komplett auf die Digitaltechnik umgestiegen«, erzählt Lubezki.
Objektive
Man entschied sich für ein Bildverhältnis von 1:2,40 und den Einsatz sphärischer Weitwinkelobjektive, um möglichst immersive Bilder zu bekommen. Gearbeitet wurde mit ARRI/ZEISS Master Primes, vorrangig 12, 14 und 18 mm, sowie aufgrund des geringen Gewichts für die Handheld-Kamera mit Leica Summilux 14, 16 und 18 mm. »Wir haben auch Anamorphoten probiert, aber diese weisen eine geringere Schärfentiefe auf, und man kann nicht so nahe an die Darsteller herangehen«, so Lubezki. »Ich wollte jedoch gerade keine verschwommenen Hintergründe haben. Mit den sphärischen Objektiven konnte ich die Charaktere in ihrem Kontext kadrieren, aber man kann trotzdem den Rest der Umgebung erkennen. Wir haben mindestens mit T5.6 gedreht, sodass die Bilder jede Menge Schärfentiefe aufweisen. Sie sind mit perspektivischen Linien komponiert, was ihnen einen dynamischen Look verleiht. Durch die Kombination dieser Objektive an den Alexas und der Nähe zu den Darstellern konnten wir einen Eindruck der schneidenden Kälte vermitteln. Man sieht tatsächlich die große Kälte an den Lippen und Händen und den kondensierenden Atem.«
Da Weitwinkel-Objektive die Dynamik der Bewegungen verstärken, wurden die Steadicam-Einstellungen sehr langsam und kontrolliert gefahren, berichtet Operator Scott Sakamoto (S.O.C.). Insbesondere, wenn der Shot von einer extremen Nahaufnahme zu einem perfekt komponierten Bildausschnitt und wieder in die Großaufnahme ging, blieb die Kamera immer nah dran an den Figuren, folgte ihrem emotionalen Impetus und nahm ihren realen Blickwinkel ein. Für die Aufnahmen mit der später hinzu gekommenen Alexa 65 wählte der DoP ARRI Prime65-Objektive. Lubezki verzichtete auf Diffusionsfilter, bevorzugte die klare und scharfe Auszeichnung, um später in der Postpro das Bild beim DI zu beeinflussen.
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