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50 Jahre DT KINEMATHEK | Bericht    Ausgabe 03/13

Die Unverzichtbare

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Sie ist Archiv, Museum, Verleih, Veranstalter, Partner für Filmverrückte und mehr: die Deutsche Kinemathek. Diesen Februar wird sie 50 Jahre alt. Bei ihren Recherchen für den Beitrag über die Entwicklung dieser Institution sprach Sonja M. Schultz auch mit dem Künstlerischen Direktor Rainer Rother.

Wenn man so will, dann begann die Vorgeschichte der Deutschen Kinemathek schon Anfang des vergangenen Jahrhunderts – und sie begann als Leidenschaft. In den 1910er Jahren begeisterte sich ein Berliner Junge namens Gerhard fürs Kintopp. Er sammelte ­alles, was mit Film zu tun hatte, er arbeite bereits als Kind in Lichtspieltheatern und fing als Teenager an, für die große Leinwand zu schreiben und Schauspiel­unterricht zu nehmen. Verwundet in einem Lazarett des Ersten Weltkriegs verfasste er unverdrossen Film­manuskripte, und in der Weimarer Republik feierte er seinen größten Regieerfolg: »Emil und die Detektive« (1931), nach einem Drehbuch von Billy Wilder und der Vorlage von Erich Kästner. Die NS-Zeit versuchte der inzwischen professionelle Regisseur Gerhard Lamprecht mit Unterhaltung, Melodramen und Literaturverfilmungen zu überstehen, ab den 50ern dann konzentrierte er sich ganz aufs Filmhistorische, aufs Sammeln und sein inzwischen imposantes Privat­archiv aus Filmen, allerlei Apparaturen und filmbegleitenden Materialien, das er seine »Kinemathek« nannte.

 Kulturell waren die Zeiten muffig im Nachkriegsdeutschland. Während andere Länder sich schon ab den 30er Jahren um den Erhalt ihres Filmerbes kümmerten – die Cinémathèque française entstand 1935 –, war in Deutschland noch der tiefe Bruch durch die NS-Zeit spürbar. Doch in den 1960er Jahren bewegte sich etwas in der arg verstaubten Produktionslandschaft von »Papas Kino«. Auf die Initiative junger westdeutscher Filmemacher bildeten sich nach und nach die ersten Filmschulen in der BRD, neue Fördermöglichkeiten entstanden. Zeitgleich zu dieser Aufbruchstimmung eröffnete im Februar 1963 offiziell die Deutsche Kinemathek, die im Jahr zuvor zunächst als eingetragener Verein gegründet worden war. Ihr Leiter der ersten drei Jahre: Gerhard Lamprecht. Lamprechts Archiv und das kleinere des Sammlers Albert Fidelius lieferten den Grundstock des Kinematheks-Bestands. Was damals in einer Handvoll Räume am Berliner Einsteinufer seinen Anfang nahm, wurde erst sehr viel später zu der cinephilen Stätte im Zentrum der Stadt, wie wir sie heute kennen. Denn jahrzehntelang operierte die Kinemathek ohne eigenes Museum. Ihre ­frühen Ausstellungen zeigte sie in kleineren Räumlichkeiten – etwa die erste Schau »Von Skladanowsky
bis Caligari« (1966) – oder richtete sie an anderen ­Häusern aus.

 In den 1960er Jahren nimmt die Kinemathek ­regelmäßige Filmvorführungen und ihre Reihe an ­Publikationen auf, etwa zu den Filmpionieren Oskar Messter und Lotte Reiniger. Letztere wird gleichzeitig mit einer Retrospektive geehrt und führt am Berliner Tricktisch ihre Scherenschnitttechnik vor. Der Oscar von Emil Jannings wandert ebenso in die Sammlung des ständig wachsenden Fundus wie die Original­manuskripte zu »Metropolis« und »Das Kabinett des Dr. Caligari«. Ab den 70ern bietet die Kinemathek Seminare zur Film­bildung an und richtet seit 1977 die Retrospektive der Berlinale aus; Gegenstand des ersten ­Kinorückblicks ist – wer sonst? – Marlene Dietrich. Drei Jahre später wird die Retro zum 3D-Film ein ­Publikumserfolg. Das breit gefächerte Interesse sowohl für Filmtechnik als auch für Leinwandstars, für geschichtliche Zusammenhänge sowie für auratische Objekte jedweder Art prägt bis heute das vielschichtige Profil der Deutschen Kinemathek.


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