
Roboter-Trilogie
Auf der IBC und der cinec werden drei Kurzfilme gezeigt, die Regisseur Ben Elia und DoP Philippe Ros mit der F65 und Leica-Summilux-C-Objektiven drehten, um die Möglichkeiten einer 4K-Produktion unter den Aspekten des Bokeh, available Light und Hauttönen auszuloten. Im Hinblick auf die Präsentationen sprach Ruodlieb Neubauer etwas eingehender mit Philippe Ros über dessen Erfahrungen mit der Kamera.
An der neuen F65 hatte Philippe Ros vor »EcoBot« bereits als zweiter Kameramann bei dem Demo-Film »Generation« in England gedreht. DP der Fist Unit war Nick Morris, Regisseur Pete Farrer. Davor hatte er mit der Kamera einige tiefergehende Tests für die Firma HD Systems durchgeführt und wusste so um die Möglichkeiten und Vorteile der Kamera ziemlich genau Bescheid. Nach »Generation« wusste er, dass das Debayering, die Farbkalibrierung und das Grading im Workflow der F65 die Schlüsselpunkte darstellen, wenn man einen künstlerischen Look erzielen will.
So entschied er sich zusammen mit HD Systems, einen Kurzfilm zu drehen, der nicht nur die Kamera promoten sollte, sondern mit dem er auch die Art und Weise tiefer verstehen lernen wollte, wie die Kamera funktioniert. Das Ziel des Demo-Filmes war es, mit der Sony F65 und den Summilux-C-Objektiven eine neue Bildanmutung und einen neuen Workflow zu finden. Der Film entstand in Zusammenarbeit mehrerer Firmen: BandPro, Leica, HD Systems, wo man auch das Debayering durchführte, und Digimage Cinema. Dort fanden die Untersuchungen zur Kalibrierung statt, wurde in der Postproduction das Grading durchgeführt und das finale 4K-DCP hergestellt.
»Ich wusste, dass die Kamera kein einziges neues Problem mit sich bringen würde, aber dass wir uns ganz eingehend mit dem Workflow beschäftigen müssten – hier kann man in der Postproduction den Look des Bildes weitaus drastischer verändern als bisher.« Der Workflow muss z.B. auf den neuen 16-Bit-Farbraum ACES der AMPAS abgestimmt sein. Das macht auch eine Entscheidung notwendig, mit welchem Fileformat man während des Gradings arbeitet. Doch bis man dort ankommt, muss man den Weg bzw. das System kennen, auf dem die Files debayert werden. Denn schon hier kann es zu signifikanten Unterschieden kommen. »Ich habe mehrere Möglichkeiten ausprobiert und bin zum Schluss gekommen, dass Sony das sehr gut macht. Es gibt allerdings Firmen, die zwei bis dreimal so schnell debayern wollen. Meiner Meinung nach sollte man auf das bessere Debayering warten. Wir sind also wieder bei 35mm angekommen, wo wir das Negativ entwickelt haben. Wobei wir hier nachträglich noch entscheiden können, welchen Typ von Negativ wir verwenden wollen. Das kann durchaus ein großer Vorteil sein.«
Philippe Ros sieht angesichts der großen Datenmengen bei der F65 jene Workflows im Vorteil, in deren Ablauf man nicht alles debayert. Wenn man z.B. mit einem Pix 240 von Sound Devices arbeitet und nur anhand dieser Proxies die Takes aussucht, kann man beim Debayering des 4K-Materials sehr viel einsparen. Man berechnet einfach nur das benötigte Material und muss so das »digitale Negativ« nicht unbedingt komplett entwickeln.
Bei den Fileformaten konnte Philippe Ros z.B. nicht mit dpx arbeiten, weil dort die Systeme den möglichen Farbraum des F65-Raw nicht unterbringen. Für ihn stellte sich die Wahl zur Zeit nur zwischen 16-Bit-TIF (optional 24 Bit und 32 Bit Floating Point) und das von ILM entwickelte OpenEXR. Dieses Format unterstützt Floating-Point-Zahlen mit 16 Bit und 32 Bit sowie 32 Bit Integer. Hier können verschiedene verlustbehaftete und verlustfreie Codecs eingesetzt werden, die z.T. selbst bei Bilddaten mit Filmkorn eine Kompression bis zu 2:1 schaffen. Da hier Erweiterungen über C++ möglich sind, kommen ständig neue Varianten hinzu. Aber auch bei TIF, das ursprünglich von Aldus (wurde später von Adobe übernommen) und Microsoft entwickelt wurde, gibt es verlustbehaftete (z.B. JPG) und verlustfreie Codecs wie den auf LZW und Huffmann-Codierung basierendem Deflate. Bei dem neueren OpenEXR, das übrigens von ILM, Weta Digital und einigen anderen weiter entwickelt wird, kam am 18. Juni 2012 die public Beta der Version 2 heraus, die um einige Möglichkeiten für Compositing-Workflows erweitert wurde.
Ohne tiefer in die Feinheiten einzusteigen: Es gibt also schon bei diesen »zwei« Formaten im wahrsten Sinne des Wortes »ungeahnte Möglichkeiten« und man tut gut daran, den ausgewählten Workflow vor der Produktion darauf hin zu untersuchen, ob und wie die Formate von den jeweils eingesetzten Systemen verstanden werden. Sich vorher um das Fileformat zu kümmern, ist auch aus einem anderen Grund sehr sinnvoll: Es macht durchaus einen Unterschied, ob ein einzelnes Bild 50, 60, 80 oder 100 MB groß ist. Nicht nur, weil man mehr Speicherplatz braucht, sondern weil die Rechner diese Daten auch durchschaufeln müssen.
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